Vanitas - Poznanski mit wenig Nachhall

Dank sei Onleihe und dem Goethe-Institut, nun konnte ich auch Ursula Poznanskis "Vanitas"-Trilogie in einem Rutsch lesen. Immerhin ein Bestseller im deutschsprachigen Raum. Muss man wohl als Literaturfreund und Krimifan dann mal angehen. Aber am Ende kann ich sagen: So einen echten Nachhall spürte ich nicht in meinem Kopf. Oder Bauch.

Die drei Bände ("Schwarz wie Erde", "Grau wie Asche" und letztlich "Rot wie Feuer", welch symbolistische Titel, der tot geglaubte Phönix oder so wird angedeutet) waren an sich ein kurzweiliges Leseerlebnis. Keine Frage, auch der Thriller-Effekt war da, hin und wieder ging es sogar kriminalistisch zu. So weit, so gut. Und insgesamt hätte die Trilogie genug Stoff für einen Fernsehkrimi, vielleicht einen Zweiteiler. Denn wirklich viel passieren tut eigentlich nicht.

Die Heldin (oder Antiheldin) wurschtelt sich durch ihre kleinkriminelle Vergangenheit, die im Zeugenschutzprogramm endete, und hat so viel Angst, dass weite Strecken der Bücher ein Hin- und Hergefahre auf der Flucht vor der (manchmal vermeintlichen, manchmal echten) Gefahr sind. Angst vor einem kriminellen russischen Klan, natürlich, ist heute Standard. Und ihr Betreuer im Zeugenschutzprogramm setzt sie, gefährdet wie sie ist, als Undercover-Ermittlerin ein. Das Ganze auf einer geographischen Fläche, die mit dem Auto in rund fünf Stunden locker gequert ist. An Orten, die per se die Hochburgen der Klankriminalität sind. So weit, so kaum noch glaubwürdig. Und dass die versteckt lebende und doch auffällig verdeckt ermittelnde Hauptperson zudem extrem neugierig ist ... man kann es sich denken, die Katastrophe ist unausweichlich. Vielleicht doch nur ein neunzigminütiger Einteiler?

Dazu kommen Details, die bei mir Augenrollen verursachten - Scharfschützenpräsisionsgewehre als Selbstverteidigungswaffen, die man im Hausflur aufbaut, um potentielle Eindringlinge abzuwehren? Was für einen Vorteil haben sie gegenüber einer Faustfeuerwaffe? Die gibt es natürlich auch, aber aus humanitären Gründen wird sie ohne Munition durch die Gegend geschleppt. Eine Kleinkriminelle, die ohne Russischkenntnisse, ohne jeden ethnischen oder sonstigen persönlichen Hintergrund ständig im inneren Zirkel des Klanchefs herumsaust? Klar, passiert sicher überall, warum sollte man sich durch Entfernung und Strohmänner absichern? Und die Russen sind selbstverständlich so tumbe Toren, dass sie den einfachsten Weg zur Bestätigung des vermeintlichen Todes der Informantin nicht gehen? Ja, so sind die Ivans nun mal ... weswegen sie auch in jede Falle tappen, die man ihnen stellt.

Und dann fallen mir noch die handwerklichen Dinge auf, die gute AutorInnen ausmachen - rund, lebendig gezeichnete Figuren mit Hintergründen etwa. Fehlen. Ob Bulle oder Gesetzesbrecher, alle entspringen sie der Mottenkiste des Krimiklischees, selbst die Beschreibungen der Äußerlichkeiten sind unbefriedigende Fetzen ("hübsch und blond", "braune Lederjacke", "vorstehende Zähne"). Hier agieren nicht wirklich Menschen, hier wandelt der Leser durch eine Welt der Pappkameraden. Und gelingt es Ursula Poznanski noch, rund um den Wiener Zentralfriedhof so etwas wie Lokalatmosphäre einzufangen, versagt sie sowohl in München wie auch in Frankfurt vollkommen ... die Fahrtstrecken in der Mainmetropole etwa lesen sich wie vom SatNav runtergebetet. Das "Milieu" wie beim Zwischenstopp mit dem ICE kurz erkundet. Ich kenne Frankfurt recht gut, das mag das Problem sein.

Kurzum: Es war ein durchaus unterhaltendes Durchlesen, aber wirkliche Begeisterung wollte sich nie regen. Am Ende bleibt man, blieb ich zumindest, nur noch dabei, um die "Lösung" zu bekommen.

Überraschung: Gibt es eigentlich nicht, die Story wird irgendwie zum Abschluss gebracht, hat aber dann doch wieder ein Open End. Und da die Hauptperson am Ende mehr (wenn auch neue) Feinde hat als am Beginn, dafür weniger Beschützer ... aber keinen Ortswechsel unternimmt, logisch ... ist nach der Trilogie die Drohung mit einem vierten Teil zwar nicht ausgesprochen, schwebt aber wie ein Damoklesschwert über dem Leser.

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